Nr. 1 im Sommersemester 2002


Auslandsaufenthalt in UK (Sheffield)

Jan Wedekind

Bevor ich von der Universität abgehe, wollte ich von meinem Auslandsaufenthalt in UK erzählen. Viel organisatorische Information habe ich nicht gegeben. Da ich keinen langen Aufenthalt gemacht habe und auch keine Prüfungsleistungen in UK abgelegt habe, kann ich da ohnehin nicht viel erzählen. Dafür erzähle ich, wie es mir dort gefallen hat.

Ich habe im Rahmen meiner Diplomarbeit einen Auslandsaufenthalt in UK gemacht. Die Diplomarbeit war von der Mikrorobotik-Gruppe am IPR ausgeschrieben. Das IPR ist Teilnehmer an dem EU-Projekt MINIMAN. Daher konnte ich vom DAAD einen Zuschuß zu meinem Aufenthalt erhalten. Somit war die finanzielle Frage geklärt. Da war dann also nur noch das organisatorische Problem ...

Wer sich in UK an einer Universität immatrikuliert hat, der bekommt garantiert ein Zimmer (und sei es noch so heruntergekommen). Dieser Service ist wirklich beispielhaft. Sogenannte „landlords“ vermieten Zimmer in Wohnheimen. Da ich allerdings nur für drei Monate in England war, konnte ich darauf nicht zurückgreifen. Ein Mitarbeiter war so nett, seinen Freund zu überreden, mir ein Zimmer in seinem Häuschen zu vermieten. Das war dann auch (relativ) günstig. In UK liegt die Belastung durch Steuern und Sozialabgaben bei nur 30%. Dafür sind allerdings die Steuern im kommerziellen Sektor höher. Als deutscher Student schaut man da alt aus: Die Miete und überhaupt alle Lebenshaltungskosten sind ungefähr 25% höher (in London wahrscheinlich 50%).

In Sheffield hat es mir sehr, sehr gefallen. Die Leute des englischen Projektteams waren sehr nett, waren eine große Hilfe und haben meinen Auslandsaufenthalt zu einem schönen Erlebnis gemacht. In Sheffield gibt es zwei konkurrierende Universitäten und man kann dort alle nur denkbaren Fächer studieren. Die Bildverarbeitungs-Gruppe, bei der ich meine Diplomarbeit angefangen habe, ist leider sehr klein. Es gibt in Sheffield aber auch Informatik-Bereiche, die Karlsruhe übertreffen (z.B. Chipherstellung in Uni-Labors).

[HallamCoffeeShop] In Sheffield gibt es viele urige Kneipen und auch moderne Discos. Da alle Pubs um 23:00 Uhr schließen müßen, sind viele Leute schon um 22:30 Uhr sturzbesoffen. Angenehm dagegen ist, daß in den Pubs nicht geraucht werden darf. Wer rauchen will, macht das vor der Tür oder auf der Terrasse. Das Nachtleben in Sheffield ist sehr vielfältig und vor allem am Wochenende ist fast jeder unterwegs.

Sheffield liegt an dem Nationalpark, der sich „ Peak District“ nennt. Ich habe viele Radtouren durch diese Landschaft gemacht. Das Wetter war die meiste Zeit sonnig (kein Scherz!) aber etwas kühl (November). Das einzige Problem ist, daß es gegen 17:00 Uhr bereits stockfinster ist. Man muß also frühzeitig aufbrechen, wenn man nicht durch Nacht und Nebel zurückfahren will.

[Keltisches Kreuz] Das Bild zeigt das keltisches Kreuz aus Eyam, welches angeblich aus dem achten Jahrhundert stammt. Sheffield hat zumindest ein sehenswürdiges Museum: Das „Kelham Island Museum“. Sheffield ist eine alte Industriestadt. Ihre Blütezeit kam nach 1850. Zu dieser Zeit deckte Sheffield’s Stahlproduktion mehr als 50% des gesamten europäischen Stahlbedarfs (!). Auch heute werden in Sheffield noch Geschirr und Werkzeuge höchster Qualität hergestellt. Es gibt dort immer noch viele urige Werkstätten und Anlagen (es sieht z.T. ungefähr so aus, wie New York vor achtzig Jahren). [Landschaft im Peak District]

London ist eine sehr schöne Stadt und ich bin froh, daß ich sie mir auch angeschaut habe. In den Museen Londons wurde man z.T. ziemlich scharf kontrolliert, da man Terroranschläge verhindern will.

Als Informatiker in London MUß man natürlich in’s „Science Museum“ gehen: [Differential Engine] Dort steht nämlich u.a. die „Differential Engine“ von Charles Babbage. Außerdem sind dort die verschiedensten Dinge zu sehen: mechanische Rechner zur Fourier-Transformation, Raketenantriebe (u.a. von V2-Raketen), alte medizinische Geräte, die ersten Holographien, das erste Rasterelektronenmikroskop, usw.

Sehr zu empfehlen ist auch das „British Museum“: Sie stellt die weltweit größte kulturgeschichtliche Sammlung dar. Sehr berühmt ist z.B. der Rosetta-Stein, mit dem die Entzifferung der ägyptischen Hiroglyphen gelang. Bis dato hatten viele geglaubt, die ägyptische Schrift wäre ideographisch (und nicht phonetisch).
Im (mittlerweile überdachten) Innenhof des „British Museum“ ist der seit 150 Jahren existierende „Reading Room“, in dem schon viele berühmte Geister geschmöckert haben.

In London sollte man U-Bahn und Busse nutzen, sonst läuft man sich die Füße platt. Wer einen „Tourist’s-Saver“ besorgt, kann hier viel Geld sparen. Denn „Tourist’s-Saver“ gibt’s nur in deutschen Reisebüros (ich bin nicht mehr sicher, ob der so heißt, aber im Reisebüro wissen die schon, was gemeint ist)! Man sollte sowieso einen internationalen Studentenausweis besorgen.

Folgendes gebe ich jedem mit, der nach England geht:
  1. Die Leute in England sind freundlich und zuvorkommend aber auch zurückhaltend. Es gibt einen hohen Ausländeranteil (verschiedenste Nationen), der England zu einem richtigen „melting pot“ macht.
  2. Wenn man irgendwo eine Warteschlange sieht, muß man sich hinten anstellen! Das gilt auch, wenn die Warteschlange nur aus einer Person besteht. Hält man sich nicht daran, erntet man schnell böse Blicke und Beschimpfungen.
  3. Niemals in einem Restaurant direkt nach Salz fragen! Nie! Denn dies ist eine große Beleidigung für die Küche. Man kann aber indirekt nach Salz fragen, indem man besonders betont, daß das Essen „good flavored“ ist u.ä. Ich habe das allerdings nicht geschafft und es soll selbst für alte Hasen, die schon ein paar Jahre in England gelebt haben, eine Herausforderung sein, in einem Restaurant den Salzstreuer zu Gesicht zu bekommen.
  4. In England wird auf der LINKEN Straßenseite gefahren. Wenn man aus England zurückkommt, muß man wieder auf der RECHTEN Straßenseite fahren.

Ich war wirklich traurig, als ich wieder zurück mußte und ich werde bestimmt bald mal dort Urlaub machen. Der Auslandsaufenthalt war wirklich eine willkommene Abwechslung. Ich habe zwar viel gearbeitet, aber ich habe auch viel Spaß gehabt. Wem die Decke auf den Kopf fällt, dem kann ich nur raten, auch mal so was durchzuziehen!

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