Nr. 2 im Sommersemester 2001


Studieren in Frankreich

Manfred Männle

Warum sollte man während des Studiums ins Ausland gehen? Schließlich hat man in Karlsruhe schon genug Streß mit Scheinen, Seminaren, Klausuren und ähnlichem. Jetzt auch noch ins Ausland zu gehen, sich mit Sprachkursen, Anmeldungen, Aufenthaltsgenehmigungen, Anträgen für Wohnheimzimmer, Suche nach Betreuern, etc. rumzuschlagen macht die Sache nicht gerade einfacher. Aber das Lösen solcher Schwierigkeiten hat auch seinen Reiz.

Die einzige Voraussetzung, Teile des Studiums im Ausland zu absolvieren, ist der Wille dazu. Und zwar ein reichlich ausdauernder Wille.

Heutzutage ist es eigentlich kein richtig großes Problem mehr, ins Ausland zu gehen. Innerhalb Europas und auch für viele andere Länder braucht man noch nicht einmal einen Reisepaß und viele Austausch-Organisationen bieten ihre Hilfe an. Trotzdem bleiben viele kleine Schwierigkeiten zu lösen.

Zuerst die Frage: wo will ich eigentlich hin? Als ich mir überlegte, in welches Land ich gehen sollte, habe ich mich für Frankreich entschieden. Englisch konnte ich gut, Französisch nur wenig. So konnte ich also am meisten lernen. Außerdem war mir die französiche Lebensart schon immer sympathisch und ich wollte sie etwas besser kennenlernen. Die USA, eigentlich der Renner für Auslandsstudien bei Informatikern, kam für mich auch schon allein aus finanziellen Gründen nicht in Frage. (Wenn man sich rechtzeitig drum kümmert, kann man aber auch hierfür ein Stipendium ergattern.)

Eines Tages, das war so im 6. Semester, hatte ich mir also in den Kopf gesetzt, in Frankreich zu studieren. Für ein paar Monate zumindest. Als erstes habe ich mich im Sprachenzentrum für den Intensivkurs Französisch angemeldet und diesen auch mit großem Aufwand durchgezogen. (Ich konnte vorher wirklich nicht gut Französisch.) Das war auch gut so, denn sich im Alltag in der Fremdsprache durchzuschlagen ist noch etwas schwerer als jeder Sprachkurs. Eine gewisse Basis an Sprachkenntnissen sollte man schon haben. Sonst macht's wirklich keinen Spaß.

Dann habe ich mich natürlich gefragt, was ich denn alles vorbereiten muß und wo in Frankreich ich denn überhaupt hingehen könnte. An eine Uni, natürlich, aber welche? Informationsmaterial hierzu gibt es haufenweise, zum Beispiel beim DAAD in der Karlstraße. Dort bekam ich den Hinweis auf das IAR, das Deutsch-Französische Institut für Automation und Robotik. Danach lief alles wie von selbst. Frau Müller-Klumpp (Geb 30.34, Tel. 608-4274, Mueller-Klumpp@etec.uni-karlsruhe.de), die in Karlsruhe die Angelegenheiten des IAR bearbeitet, hat mir eine Studienarbeit an der Uni Nancy vermittelt, mir beim Beantragen eines Wohnheimzimmers geholfen und über sie kam ich auch an ein Stipendium heran.

Wie ich dann gemerkt habe, eignet sich eine Studienarbeit eigentlich ganz gut für einen Auslandsaufenthalt. Bei Vorlesungen und Prüfungen hat man immer das Problem der Anerkennung in Karlsruhe. (Außer wenn Abkommen zwischen den Unis bestehen, wie zum Beispiel bei gemeinsamen Studiengängen. Auskunft hierzu gibt es bei Herrn Barthelmeß.) Außerdem gibt es für die Studienarbeit keine Note. Man steht nicht so unter Druck wie vielleicht bei der Diplomarbeit, die man ja schon mit einer passablen Note abschließen möchte. Für ein sozusagen unverbindliches "Schnuppern" ist eine Studienarbeit gerade richtig.

Es gibt mehrere Einrichtingen, die den Studentenaustausch fördern. Das IAR ist ein Zusammenschluß mehrerer Institute an verschiedenen deutschen und französischen Universitäten. In diesem Verbund wird unter anderem ein deutsch-französischer Studentenaustausch organisiert. Das Angebot reicht von der Vermittlung von Studien- und Diplomarbeiten über ein deutsch-französisches Doppeldiplom bis hin zum Austausch von Doktoranden. Die Themen reichen von Maschinenbau über Elektrotechnik bis Informatik.

Entschließt man sich zum Beispiel für eine Diplomarbeit, so hat man zwei Betreuer: hauptsächlich arbeitet man mit seinem Betreuer in Frankreich, von dem in der Regel auch das Thema der Arbeit stammt. Außerdem hat man einen Betreuer in Karlsruhe, der letztendlich auch den Schein beziehungsweise die Note vergibt. Es empfiehlt sich deshalb, auch während der Arbeit mit seinem "entfernten" Betreuer in Karlsruhe regelmäßig Kontakt zu halten, damit dieser über den Fortgang der Arbeit auf dem laufenden ist und bei eventuellen Problemen nicht aus allen Wolken fällt.

Ich hatte mir für meine Studienarbeit also über das IAR ein Thema ausgesucht, einen Karlsruher Betreuer gefunden, in Nancy ein Wohnheimzimmer reserviert, mir vier Monate Zeit genommen und bin dann einfach hingefahren. Das ganze lief so gut und hat mir so viel Spaß gemacht, daß ich ein Jahr später gleich nochmal zur Diplomarbeit nach Nancy ging.

Insgesamt kann man sagen: Viele Stellen bieten Infos und Hilfe an, aber man muß sich diese Hilfe selbst suchen und sich, neben den sonstigen Verpflichtungen im Studium, selbst um die Vorbereitung seines Auslandsstudiums kümmern. Die Lebenserfahrung und Freundschaften, die man durch einen Auslandsaufenthalt gewinnt, machen diese Mühe jedoch mehr als wett.

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