Eulenspiegel Nr.1 im Sommersemester 95

Computer und Schule - Wie sieht der Unterricht der Zukunft aus?

Tilo Arens

Revisionsdatum: Mai 1995

"Ich wünsche Euch allen einen guten Morgen. Wenn ihr beiden da hinten jetzt auch mal zur Ruhe kommt, können wir anfangen." Montag Morgen, 8:00 Uhr früh, die Klasse 8b des Gymnasiums von Futurissima hat eine Mathematikstunde. "Ich habe ein paar Aufgaben für euch vorbereitet, bearbeitet die jetzt erst einmal - ich gehe derweil herum und schaue mir die Hausaufgaben an."

Die Schülerinnen und Schüler legen ihre Schulrechner (stabil und bruchfest gebaute Portables, die Farben der Gehäuse ähneln denen heutiger Schulhefte) auf den Tisch und schalten sie ein. Über ein Infrarot-Sende-und-Empfangs-Gerät an der Decke des Klassenzimmers nehmen die Rechner Kontakt mit dem zentralen Server des Gymnasiums auf. Von dort kommen die notwendigen Daten: Mathematik- programm starten und folgende Aufgaben bearbeiten.

Bald sind alle am Arbeiten. Währenddessen werden reihum die Hausaufgaben überprüft; diese wurden nach alter Sitte noch immer mit einem Stift auf Papier geschrieben...

Tja, sieht also so der Schulunterricht der Zukunft aus? Ich bin ja selbst Mathematiker - ich muß mich also darauf verlassen, was mir die Informatiker in dem neuen Fachschaftsarbeitskreis "Informatik und Schule" erzählen: Technisch gesehen ist diese Vision heute schon zu realisieren, in zehn bis zwanzig Jahren könnten sich Schulen zu einem vernünftigen Preis zum Beispiel mit Klassensätzen von tragbaren "Schulrechnern" ausstatten.

Trotzdem halte ich obige Darstellung für Zukunftsmusik - nicht aber die Tatsache, daß auch in der Schule der Computer einen immer wichtigeren Platz einnimmt. Schon bald wird an man an fast jedem denkbaren Arbeitsplatz mit Rechnern zu tun haben. Dadurch kommen neue Aufgaben auf die Schule zu: Die Jugendlichen auf die Arbeit mit diesen Geräten vorzubereiten - und dies nicht nur in deren klassischen Einsatzgebieten Mathematik und Naturwissenschaften. Ein Fach "Textverarbeitung und andere Anwendungen" klingt heute längst nicht mehr so phantastisch wie noch vor zehn bis fünfzehn Jahren.

Aus diesen Überlegungen ergibt sich, das das Thema Computer eine wichtige Rolle in der Ausbildung von Lehrkräften einnehmen sollte - und zwar im Prinzip bei jeder beliebigen Fächerkombination. Da stellt sich natürlich die Frage, was unsere Universität in dieser Richtung tut. Ein Blick ins Vorlesungsverzeichnis zeigt: Nichts! Wäre es nicht an der Zeit, dieses Thema anzugehen? Denkbar wären zum Beispiel Vorlesungen der Art "Computer in der Schule" - oder spezieller: "Computer im Fremdsprachenunterricht", "Computer im naturwissenschaftlichen Unterricht".

Jetzt kann man natürlich das Diskutieren anfangen: "Ist denn das wirklich nötig? Rechner gehören doch in den Informatikunterricht! Warum soll es nicht weiter Lehrkräfte geben, die nach altbewährten Methoden unterrichten?" Vielleicht könnte zu diesem Thema eine ganze Artikelserie im Eulenspiegel entstehen. Insbesondere die Meinung der Lehramtsstudis zu diesem Thema würde mich interessieren.

Um es nocheinmal kurz zu formulieren: Die Schule wird sich immer mehr mit dem Thema "Computer" auseinandersetzen müssen. Deshalb sollten sich angehende Lehrerinnen und Lehrer auch in ihrer Ausbildung schon mit dem Thema auseinandersetzen können. Läge hier nicht eine Aufgabe für die Universität mit der ältesten deutschen Informatikfakultät ? Fachschaft math/inf